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22. Rosetti-Festtage im Ries, 17. Juni 2022
Amerdingen, Pfarrkirche St. Vitus, Kammermusik für Streichquartett

  • Nördlingen, Pfarrkirche St. Salvator, 16. Juni 2022
  • Amerdingen, Pfarrkirche St. Vitus, 17. Juni 2022
  • Schloss Reimlingen, 18. Juni 2022
  • Bopfingen, Stadtkirche St. Blasius, 18. Juni 2022
  • Schloss Harburg, Fürstensaal, 19. Juni 2022


  • Rosetti-Festtage

    Streichquartette verschiedenen Anspruchs

    In dem südlich von Nördlingen gelegenen Dorf Amerdingen steht neben dem Schloss der Grafen Staufenberg die Kirche St. Vitus. Sie würde wohl keine Bedeutung über das Dorf hinaus haben, wenn die seit 2000 stattfindenden „Internationalen Rosetti-Festtage“ nicht von Anfang an das gräfliche Kleinod mit dem ausladenden Schlossgarten als einer der Austragungsorte der Konzertreihe ausersehen gewesen wäre. Im Salon der Grafenfamilie wurde somit alljährlich zum Konzertabend wie in der Zeit des Hofkapellmeisters Antonio Rosetti geladen, und die Gäste konnten nacherleben, wie man sich eine solche Belustigung an solchen Höfen im 18. Jahrhundert vorstellen konnte. Für Kammermusik war der Salon der Grafen Staufenberg ein idealer Ort, weil er aber nicht mehr Besucher aufnehmen konnte, wurden die Amerdinger Konzertaktivitäten in die Kirche verlegt.
    So trat in diesem Jahr das international bekannte Casal-Quartett aus der Schweiz auf mit Felix Froschhammer 1. Violine, Rachel Späth 2. Violine, Markus Fleck Viola und Sebastian Braun. Für Liebhaber von Streichquartetten war ihr Auftritt ein besonderes Ereignis, zumal in einem schmucken, aber doch abgelegenen Rieser Dorf.
    Vier Streichquartette in zwei Durchgängen standen auf dem Programm. Der erste Teil bestand aus einem Quartett Antonio Rosettis und Anton Eberls, einem Wiener Komponisten, dem nach Meinung des Sprechers des Ensembles durchaus eine geistige Nähe zu Beethoven zuzurechnen sei. Damit geriet Rosetti in einen Vergleich zu den höher eingeschätzten Meistern dieser Gattung. Rosettis Streichquartett A-Dur gehört sicher zu den wichtigsten sechs der ursprünglich 30 Quartett-Kompositionen, die auch auf CDs eingespielt worden sind und in aktuellen Konzerte aufgenommen werden. Mit seinem von Stakkato durchzogenen spritzigen Anfangssatz über das Menuetto moderato, das mit einer anmutigen Zupfbegleitung sehr tänzerisch angelegt ist, und schließlich einem spielerischen Rondeau wirkt der abwechslungreiche Reigen gefälliger Sätze eine recht angenehme Unterhaltung gewesen zu sein, wie damals in der Wallersteinischen Hofgesellschaft. Während man bei Anton Eberls Quartett g-Moll noch einen höheren Anspruch heraushörte, musste er sich doch in der Wiener Musikszene zu seiner Zeit mit Größen wie Beethoven und Mozart messen lassen. Dass ihm das durchaus gelungen sei, bestätigte ihm der Umgang des Casal-Quartetts mit seinem Werk, das sie wie Rosetti für wert halten, den Zuhörern bekannt zu machen. Die oft eigenständige Stimmführung der einzelnen Instrumente lag bei den vier Virtuosen in besten Händen und bestätigte den Anspruch neben den großen Quartettmeistern stehen zu dürfen.
    Den zweiten Durchgang eröffnete wieder Antonio Rosetti mit einem c-Moll-Streichquartett, etwas ungewöhnlich mit einem originellen Menuett im Adagio. Ein schnelles vom Stakkato bestimmtes Allegro beschleunigte das Tempo, überraschend wurde der ruhiger werdende Schlussteil abrupt beendet.
    Gegen das „Starstreichquartett der Geschichte“, wie es Cellist und Moderator Markus Fleck ankündigte, musste Rosettis populäres Quartett natürlich etwas abblassen. Denn mit dem Quartett e-Moll „Aus meinem Leben“ war dem Tschechen Friedrich Smetana ein großer Wurf gelungen. Mit den teils dramatischen Ereignissen in seinem Leben vollbrachte er genialerweise die musikalische Umsetzung seiner Existenz in eine programmmusikalische Fassung, die vom frühen Tod seiner Familienangehörigen und zuletzt von einer schleichenden Tinnitus-Krankheit zerstört war, und schließlich seinem Zurückzug aus der Lebenswirklichkeit bedeutete.
    Dieser zugrundliegende Inhalt und die allen vier Protagonisten ausgefeilten eigenständigen Stimmführungen bestätigten den Zuhörern die musikalische Meisterschaft auf ihren Instrumenten, und sie lang anhaltend mit frenetischem Beifall feierten. Mit der Zugabe des „Gondellieds“ von Felix Mendelssohn besänftigten sie das faszinierte Publikum.


    Rosetti-Festtage

    Text: Ernst Mayer
    Fotos: Reinhold Seefried


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